Newsletter 26/2024: Von wegen Krieg und Frieden in der Ukraine

In den letzten Tagen ist einige Dynamik in die internationale Debatte über den Ukrainekrieg gekommen. Da es immer schwieriger wird, einigermaßen den Überblick zu bewahren, erlaube ich mir, mit diesem Newsletter einige wichtige Analysen und Stellungnahmen zu verbreiten. Es sind dies ausschließlich europäische Quellen, da – nicht zuletzt aufgrund der in den USA nach wie vor herrschenden Blockade bezüglich weiterer massiver Unterstützungen für die Ukraine – sich das Schwergewicht, zumindest der Debatten, auf Europa verlagert hat. Da gab es einmal die von Präsident Macron einberufene Konferenz, bei der er sich mit seiner Ansicht, dass auf die Dauer die Entsendung europäischer Truppen in die Ukraine in Erwägung gezogen werden sollte, eine totale Abfuhr geholt hat. Das bedeutet aber keinesfalls, dass sich Europa von seinem Ziel, Russland in der Ukraine eine endgültige Niederlage zufügen zu wollen, distanziert. Dass die Menschen in vielen EU-, auch NATO-Staaten, dieser „Koste-es-was- es-wolle-Einstellung“ durchaus kritisch gegenüberstehen, scheint dem politischen Mainstream weitgehend gleichgültig zu sein. Man wird ja bei den kommenden Wahlen zum Europaparlament sehen, ob der europäische Souverän es auch so sieht.

Warnung vor weiterer Eskalation

Insofern ist auch die aus österreichischer Sicht überraschende und bemerkenswerte Stellungnahmen von Bundeskanzler Nehammer, der vor der Gefahr einer „unkontrollierten weiteren Eskalationsspirale“ warnte und auch meinte, dass sich die westlichen Staaten in einer Echokammer befänden und sich bemühen sollten, unter Einbeziehung von am Krieg nicht beteiligten Staaten aus dem Globalen Süden (er erwähnte explizit Indien) die Suche nach einer Friedenslösung zu intensivieren. Man wird sehen, ob dieser Stellungnahme auch konkrete politische und diplomatische Maßnahmen seitens des neutralen Österreich, eventuell gemeinsam mit anderen neutralen EU-Staaten, folgen werden. Jedenfalls war der letzte Versuch Österreichs zu Beginn des Krieges, sicherlich auch mangels einer professionellen Vorbereitung, ein absoluter Misserfolg. Wichtig und absolut richtig wäre es aber.

Skepsis und Kriegsmüdigkeit wachsen

Wie bereits erwähnt, ist es jedoch eine offensichtliche Tatsache, dass die in den Nehammmer’schen Echokammern geäußerten Meinungen nicht hundertprozentig mit der Meinung der Menschen in Europa übereinstimmen, abgesehen davon, dass die Haltung zu diesem Krieg in den Staaten des Globalen Südens eine völlig andere ist. Dass die russische Aggression, die zweifellos völkerrechtswidrig und absolut abzulehnen ist, in Europa bemerkenswerte Einstellungsänderungen hervorgerufen hat, sollte aus meiner Sicht durchaus zu denken geben. Dass Parteien und Personen, welche noch bis vor kurzem gegen jegliche atomare Rüstung engagiert und demonstriert haben, sich plötzlich für eine eigene europäische Atomstreitmacht aussprechen, ist schwer zu ertragen. Auch die Tatsache, dass „linke“ und „linksliberale“ Medien mit Schlagzeilen „Warum Europa aufrüsten muss“ titeln (profil 24.2.), ist bemerkenswert und auch sehr schwer zu akzeptieren. Hier hat innerhalb weniger Jahre eine Gehirnwäsche stattgefunden, welche jegliche alternative, in Richtung von Frieden und Völkerverständigung gehende, Denkweise ablehnt, ja verteufelt.

Es wäre wünschenswert, wenn nur eine Bruchteil dessen, was für reale und ideelle Aufrüstung vergeudet wird, für Solidarität und Mitmenschlichkeit zur Verfügung stünde.


Mit besten Grüßen!
Fritz Edlinger
Herausgeber und Chefredakteur

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https://globalbridge.ch/illusionen-und-gebrochene-versprechen-im-konflikt-um-die-ukraine/

https://globalbridge.ch/der-ukrainekrieg-koennte-schneller-und-anders-enden-als-erwartet/ https://www.vienna.at/ukraine-krieg-nehammer-warnt-vor-eskalationsspirale/8595154