Newsletter 63/2022

Afrika – ein besonderer Krisenherd

Afrika ist weltweit der zweitgrößte und gegenwärtig auch mit ca. 1,4 Mrd. Menschen der zweitbevölkerungsreichste Kontinent der Welt. Expert*innen gehen davon aus, dass sich die Einwohnerzahl bis zum Ende dieses Jahrhunderts vervierfachen wird, womit über ein Drittel der Weltbevölkerung Afrikaner*innen sein werden. Mit 55 Staaten ist Afrika zudem zersplittert und in vielen Aspekten uneins. Dafür ist zweifellos auch der europäische Kolonialismus, der in vielerlei Hinsicht bis heute nicht wirklich bewältig ist, verantwortlich. Der jüngste EU-Afrika-Gipfel hat zum wiederholten Male das nach wie vor höchst unbefriedigende Verhältnis zwischen den afrikanischen Staaten und der Europäischen Union zum Ausdruck gebracht. Für viele afrikanische Staaten sind die Interessen Europas nach wie vor viel zu stark von den Interessen der ehemaligen europäischen Kolonialmächte bestimmt.

Wir wollen mit diesem Newsletter vor allem die seit vielen Jahren höchst problematische Situation in der Sahelzone in Erinnerung rufen. Die nach wie vor von Frankreich politisch und wirtschaftlich stark dominierte Region ist ein Unruheherd ersten Ranges. Ungelöste ethnische, soziale und wirtschaftliche Konflikte führen zu permanenten Auseinandersetzungen. Die Vielfalt an ungelösten Problemen stellt leider auch ein geradezu ideales Biotop für dschihadistischen Terrorismus dar, welcher es versteht, Kapital aus jahrzehntelange andauernden und ungelösten Konflikten zu schlagen. Die Auswirkungen mancher externer Interventionen tragen zusätzlich zur Unsicherheit und Militarisierung der Region bei, wie man das zuletzt auch wieder an der Revolution (oder doch Putsch?) in Libyen gesehen hat. Vor allem Länder wie Mali, Niger, Tschad waren unmittelbar davon betroffen. Dass die von vielen Sahelbewohner*innen abgelehnte Dominanz Frankreichs, die leider von der EU weitgehend kritiklos akzeptiert und übernommen worden ist, wenig zur Stabilisierung der Region beiträgt und auch bereits andere internationale Interessenten (Golfstaaten, Russland, China) auf den Plan gerufen hat, ist daher weiter nicht überraschend.

Ich verweise zunächst auf den aktuellen Bericht unseres Autors Georges Hallermayer, der die jüngsten Ereignisse in und um Mali analysiert.

Des weiteren verweise ich auf einen hoch interessanten Text des US-amerikanischen Afrikaexperten William Minter, der die distanzierte Haltung der meisten afrikanischen Staaten zum Ukrainekonflikt erläutert. Bekanntlich verweigern sämtliche afrikanische Staaten die von den USA und Europa verhängten Sanktionen gegen Russland. Für sie ist dies ein „weißer Konflikt“, in dem sie neutral bleiben.

Zum Abschluss möchte ich noch auf das von mir gemeinsam mit Günther Lanier beim Promediaverlag herausgebrachte Buch „Krisenregion Sahel“ verweisen. Dazu übermittle ich zwei Beiträge, die sich mit Mali befassen.

Ich ersuche um Nachsicht für den großen Umfang der heutigen Aussendung, meiner Sicht entspricht es aber sehr wohl der Bedeutung des beschriebenen Problems.


Mit besten Grüßen!
Fritz Edlinger
Herausgeber und Chefredakteur

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